Liebe Kolleginnen und Kollegen,
während der Pandemie hat sich die Nutzung von Videosprechstunden als Online-Variante für psychotherapeutische Einzelgespräche etabliert. Die vielfältige Anwendung konnte evaluiert und als geeignetes Angebot in der ambulanten Versorgung anerkannt werden.
Hinsichtlich einer Online-Durchführung von Gruppentherapien gab es zunächst Bedenken wegen der Sicherheit, Wirksamkeit und Durchführbarkeit.
Diese konnten insoweit ausgeräumt werden, als dass Online-Gruppentherapien seit dem 1.10.2021 in der ambulanten kassenärztlichen Versorgung zugelassen sind. Das ist vor allem angesichts der fortbestehenden Pandemiesituation wie auch der Versorgung psychotherapeutisch unterversorgten Regionen zu begrüßen.
Um die Qualität von Online-Gruppenangeboten vergleichbar mit Gruppentherapien in Präsenz zu machen, haben wir folgenden Leitfaden erarbeitet und möchten Ihnen folgende Empfehlungen zur Durchführung geben (ergänzend weisen wir insbesondere auf § 17 der zum 01.10.2021 in Kraft getretenen Psychotherapie-Vereinbarung (Anlage 1 BMV-Ä) hin, abrufbar unter: https://www.kbv.de/media/sp/01_Psychotherapie_Aerzte.pdf. Im Übrigen beachten Sie bitte auch die Verlautbarungen Ihrer Kassenärztlichen Vereinigung).
Kombination mit Präsenzkontakten
Zu Beginn einer Online-Gruppe sollte grundsätzlich mindestens eine erste Gruppensitzung in Präsenz stattfinden, da verschiedene Untersuchungen gezeigt haben, dass der therapeutische Prozess online nach einem realen Erstkontakt besser gelingt. Hier sind vielfältige Einflussfaktoren (Ganzkörper-Eindruck, nonverbale Faktoren etc.) zu nennen.
Eine fachärztliche/-psychotherapeutische Diagnose- und Indikationsstellung für die Teilnahme an der Gruppentherapie sollte vorausgehend ebenfalls im persönlichen Kontakt durch die Gruppenleitung erfolgt sein.
Es ist zu empfehlen, in regelmäßigen Abständen – mindestens jede zehnte Stunde oder bei Verabschiedungen bzw. Neuaufnahmen von Gruppenmitgliedern – als Gruppe in Präsenz zusammenzukommen.
Ein Online-Gruppenangebot sollte immer ein regionales sein, um o.g. Aspekte berücksichtigen zu können. Außerdem ist nur so im Falle der Dekompensation eines Gruppenmitgliedes eine Krisenintervention durch die/den Gruppenleiter/in zu gewährleisten.
Überregionale, bundesweite oder internationale Gruppenangebote sind daher abzulehnen.
Technische Voraussetzungen
Für das Gelingen einer online-Gruppentherapie sind folgende technische Bedingungen bei allen Teilnehmenden erforderlich:
Ein PC, Laptop oder fest installiertes Tablet von mindestens 12“ Größe, um eine ausreichende Galerie-Ansicht aller Teilnehmenden zu haben. Smartphones sind nicht ausreichend.
Ein sehr guter, stabiler WLAN-Empfang in einem geschlossenen Raum, in den während der gesamten Therapiesitzung keine andere Person Zutritt hat.
Der Bildschirmhintergrund sollte neutral gewählt werden, z.B. vor einer einfarbigen Wand oder durch die Milchglas-Einstellung, um das Gruppengeschehen nicht unnötig mit Details des Privatraumes abzulenken.
Eine gute Ausleuchtung der Person ist wichtig und sollte vor dem Beginn überprüft, ggf. bei sich ändernden Lichtverhältnissen im Laufe der Sitzung angepasst werden (keine Lichtquelle/Fenster hinter der Person).
Der Abstand zur Kamera sollte so gewählt werden, dass mindestens der Kopf und der Oberkörper, nach Möglichkeit auch Arme und Hände sichtbar sind.
Zu Beginn jeder Sitzung sollte sichergestellt sein, dass sämtliche andere Geräte im Raum (Smartphone, Telefon etc.) deaktiviert sind und nicht bedient werden.
Während der gesamten Sitzung müssen Kamera und Mikrofon aktiviert sein.
Ein Aufzeichnen oder Screenshot der Sitzung oder von Teilen der Sitzung ist streng untersagt; über die Strafbarkeit der Zuwiderhandlung wird vor dem Beginn einer Online-Therapie schriftlich und mündlich aufgeklärt und die Zustimmung schriftlich eingeholt.
Sonstiges
Ein Verlassen des Raumes oder Entfernen aus dem Kamerasektor muss der Leitung und der Gruppe mitgeteilt werden.
Das Vorgehen im Fall einer Krise oder Dekompensation sollte vor Beginn einer Online-Gruppentherapie genau festgelegt werden.
Falls der Kontakt zu einem Gruppenmitglied während der Gruppensitzung abbricht, sollte der/die Teilnehmende verpflichtet werden, sich unmittelbar nach der Sitzung telefonisch bei der Gruppenleitung zu melden.
Es dürfen nur zertifizierte Anbieter der KBV-Liste für eine Online-Gruppentherapie verwendet werden.
Anlage
Muster Aufklärungs-/ Einwilligungsbogen Patient*innen
Für den Vorstand der DGPM:
Dr. Nicola Blum