Berlin, Juni 2022 – Die Pandemie hat auf vielen Ebenen – gesundheitlich, wirtschaftlich, politisch, sozial – einen Ausnahmezustand markiert und viele Menschen mit nie dagewesenen Erfahrungen, etwa Lockdowns, konfrontiert. Insofern blieben Folgen für die psychische Gesundheit nicht aus. Welche das konkret sind, wer besonders betroffen war und ist und wie nachhaltig die psychischen und psychosomatischen Auswirkungen der Pandemie auch nach ihrem Ende sein werden – dieses Bild schärft sich erst nach und nach. Aktuell arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler es auf. Schon jetzt konsistent und in verschiedenen Studien und Erhebungen nachgewiesen, zeigt sich, dass Jugendliche und junge Menschen psychisch stärker belastet waren als ältere und Frauen mehr als Männer – beispielsweise stiegen die Krankenhauseinweisungen wegen Essstörungen in den Corona-Zeiten um 48 Prozent. Die psychosomatischen Auswirkungen der Pandemie sind ein zentrales Thema des diesjährigen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und der Kongress-Pressekonferenz. Diese findet am 22. Juni 2022 als Hybridveranstaltung in Berlin statt.
Anmeldelink für die Online-Pressekonferenz: https://attendee.gotowebinar.com/register/7569015378976718094
„Grundsätzlich rufen belastende Ereignisse wie Angst vor Ansteckung und Tod, finanzielle Sorgen, soziale Isolation und Überforderung, zum Beispiel durch Parallelität von Beruf und Kinderbetreuung während der Schulschließungen, psychische Reaktionen hervor – das ist erstmal normal und kein Zeichen einer psychischen Störung“, sagt Professor Dr. med. Stephan Herpertz, Präsident des Deutsches Kollegiums für Psychosomatische Medizin und Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des LWL-Universitätsklinikums Bochum. „So mehren sich aktuell die Hinweise, dass die Dynamik der psychischen Reaktionen unmittelbar dem infektionsepidemiologischen Geschehen zu folgen scheint – also mit abnehmenden Fallzahlen auch die psychischen Belastungen zurückgehen.“
Relativ konsistent zeigt sich über verschiedene Studien und Erhebungen hinweg, dass junge Menschen in der Pandemie psychisch stärker belastet waren als ältere und Frauen mehr als Männer. „So haben sich beispielsweise mehr junge Menschen und mehr Frauen als Männer während der Lockdowns einsam gefühlt“, sagt Professor Dr. med. Hans-Christoph Friederich, Vorsitzender der DGPM und Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik am Universitätsklinikum Heidelberg.Allerdings: Einsamkeit sei bereits vor der Pandemie ein weit verbreitetes, aber kaum adressiertes Phänomen gewesen, dessen gesundheitliche Folgen noch viel zu wenig bekannt und beachtet seien.
Besonders vulnerabel waren während der Pandemie erwartungsgemäß jene, die schon zuvor mit einer psychischen Erkrankung zu kämpfen hatten: So zeigt eine aktuelle kanadische Übersichtsarbeit mit 53 Studien und insgesamt 36.485 Betroffenen mit Essstörungen einen starken Anstieg von Angstzuständen, Depressionen und Verschlechterungen der Essstörung. Die Krankenhauseinweisungen für alle Essstörungsentitäten stiegen dem Review zufolge gegenüber Vor-Corona-Zeiten im Durchschnitt um 48 Prozent. „Ausschlaggebend war hierbei vor allem die Trias aus Verlust der Tagesstruktur, Rückgang sozialer Beziehungen und der häufig kompensatorisch gesteigerte Konsum von digitalen Medien“, so Herpertz.
Wichtig für die Aufarbeitung und den Umgang mit den psychischen Folgen der Pandemie sei momentan vor allem zu eruieren, welche psychischen Belastungen oder Erkrankungen sich unter welchen Umständen verstetigen, wie man dies verhindern und den Betroffenen am besten helfen könne, so die Experten. „Zudem hat die Pandemie nochmal ein Schlaglicht auf bereits lange bestehende Problematiken geworfen: Die Unterversorgung und die Wartezeiten auf einen Therapieplatz etwa, aber auch kaum beachtete, jedoch sehr relevante gesamtgesellschaftliche Probleme wie Einsamkeit, die auf gesellschaftlicher, kommunaler und individueller Ebene besser adressiert und auch in der Gesundheitsversorgung erfasst werden müssen“, so Friederich. Wie sich Krisen der heutigen Zeit – ob COVID, Krieg oder Klimawandel – auf die Psyche auswirken, wird Thema des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und der Kongress-Pressekonferenz am 22. Juni 2022 sein.
Bei Abdruck Beleg erbeten.
Terminhinweis:
Pressekonferenz anlässlich des
Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Termin: Mittwoch, 22. Juni 2022, 14.30 bis 15.30 Uhr, hybrid
Vor Ort: Urania Berlin e.V., Saal Kleist, 1. OG, An der Urania 17, 10787 Berlin
Online (Anmeldung unter):https://attendee.gotowebinar.com/register/7569015378976718094
Kontakt für Journalist*innen:
Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Pressestelle
Kerstin Ullrich, Katharina Kusserow, Janina Wetzstein
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