Ausgabe 02/2023
Anmoderation M. Neises-Rudolf
Heft 2/2023
Ärztliche Psychotherapie zum Schwerpunkt „Gruppenpsychotherapie“
Herausgeber: Dr. med. Norbert Hartkamp, Solingen
Der Herausgeber, Norbert Hartkamp nimmt im Editorial Bezug auf den interpersonellen Kontext von seelischer und psychosomatischer Krankheit und berühmte Vordenker dieses Zusammenhangs, wie den Dichter John Donne (1572–1631) und den Philosophen Johann F. Herbart (1776–1841), und stellt die naheliegende Frage: Wenn also seelische und psycho-somatische Krankheit im interpersonellen Kontext entsteht, was läge da näher, als diese Krankheiten auch im interpersonellen Kontext einer Gruppe von Betroffenen zu behandeln? Die im Folgenden dargestellten Zahlen bestätigen ein „Schattendasein der Gruppenpsychotherapie in der Vertragspsychotherapeutischen Versorgung“. Dies klingt ähnlich wie in Heft 4/2010 mit einem Schwerpunktthema zur Gruppentherapie der Herausgeber Wolfgang Senf und Volker Köllner. Mehr als zehn Jahre Weiterentwicklung des Faches spiegeln sich in der Ausdifferenzierung dieses Themas. Die aktuelle Ausgabe geht aus von formalen Aspekten der Gruppenpsychotherapie, vorgestellt von Norbert Hartkamp und führt innovative methodische Ansätze bei spezifischen Krankheitsbilden aus. Dazu liegen die folgenden Beiträge vor:
Das Titelbild „Mohnblumen vor dem dunklen Himmel“ hat Lisa Grub, Psychotherapeutin, auf den ehemaligen Schlachtfeldern von Arras (Westfront im ersten Weltkrieg 1917) fotografiert, ein „Symbol des Erinnerns an einem Ort, an dem einmal viel Angst war“.
Peter Vogelsänger schildert das Vorgehen in einer psychotherapeutischen Gruppe für an chronisch-entzündlicher Darmerkrankung (CED) leidende Patient:innen und verdeutlicht dabei, wie Entspannungsverfahren, Achtsamkeitsübungen und das psychotherapeutische Standardvorgehen innovativ miteinander verbunden werden können.
Lenka Staun und Ulrich Schultz-Venrath diskutieren die rahmengebende und -sichernde Funktion von Gruppenleiter:innen unter der Perspektive der Mentalisierung und des epistemischen Vertrauens als eines für die Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen zentral wichtigen Parameters.
Es folgen zwei Beiträge aus unterschiedlichen therapeutischen Orientierungen: Manfred E. Beutelund Jürgen Wiltink beschreiben ein manualisiertes psychodynamisches Vorgehen bei der Behandlung von Angststörungen. Jeanette Villanueva stellt den Einsatz der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) bei Angststörungen vor.
David M. Erekson, Derek Griner und Mark E. Beecher stellen in ihrem Beitrag ein innovatives Konzept vor, die CFT – »Mitgefühlsfokussierte Gruppentherapie«.
Andreas Dinkel und Peter Henningsen wenden sich in ihrem Beitrag einer besonders bedeutsamen Gruppe von Patient:innen zu, die an persistierenden Körperbeschwerden leidet.
Haim Weinberg widmet seinen Beitrag der Frage, ob Online-Gruppentherapie wirksam sei.
Bernhard Strauß beschäftigt sich in seinem Beitrag mit zukünftigen Möglichkeiten der Personalisierung von Gruppentherapien. Personalisierung meint hier die individualisierte Therapieplanung in Abhängigkeit von Patient:innenmerkmalen und individuellen Verläufen psychotherapeutischen Voranschreitens.
In diesen Schwerpunktbeiträgen werden viele fruchtbare Ansätze und neue Entwicklungen der Gruppentherapie dargestellt. Dieses Neue verlangt, wie verschiedene Autor:innen anmerken, nach soliderer wissenschaftlicher Fundierung. Der Frage, in welche Richtung sich die Forschung zur Gruppentherapie entwickeln kann und muss, widmet sich der letzte Beitrag unseres Schwerpunkts von Rainer Weber zum Thema: Gruppentherapie – Quo vadis?
Den Abschluss bildet der Beitrag von Jochen Timmermann mit der Frage: Komplexbehandlung schwer psychisch kranker und Psychosomatische Medizin – geht das?
„Alle an dieser Ausgabe Beteiligten verbindet der Wunsch, dass Gruppentherapie zukünftig eine deutlich größere Rolle in der psychosomatischen und psychotherapeutischen Versorgung der Bevölkerung spielen möge. Die vielen Gründe, die dafür sprechen, sind in diesem Heft nachzulesen. Und vielleicht wird – das ist unsere Hoffnung – nicht nur die Freude an der Gruppentherapie bestärkt (oder geweckt), sondern auch die Kluft zwischen Forscher:innen und Praktiker:innen ein wenig verringert“, so schreibt es Norbert Hartkamp im Editorial.
Die Rubrik »Politik und Praxis« fasst lesenswerte Inhalte zusammen, so stellt Giovanni Fava in „Favas-Feder“ wieder eine interessante und kritisch-reflektierte Fallgeschichte vor. Mit der Verachtung und Scham setzt sich Kamiar K. Rückert in seinem Beitrag auseinander. In einem dritten Beitrag stellt Katharina Hof ihre Perspektive auf die Facharztweiterbildung Psychosomatik dar.
Wie immer gibt es die ausführlichen Mitteilungen aus den Fachgesellschaften: DGPM, VPK und BPM. Diese Verbandsnachrichten wie auch das Editorial sind frei zugänglich unter folgendem Link: https://elibrary.klett-cotta.de/journal/aep/18/2
Den Abschluss bildet eine Buchbesprechung Katharina Hofs zum Thema „Rätsel des Unbewußten. Podcast zu Psychoanalyse und Psychotherapie“ von C. Loetz und J. Müller, last not least der Veranstaltungskalender und der Ausblick auf die nächste Ausgabe 3/2023 zum Thema: Traumafolgestörungen.
Herausgeber und Schriftleitung wünschen mit allen Autor:innen unseren Leser:innen eine anregende Lektüre.