Sehr geehrte Kongressbesucherinnen und -besucher, liebe Kolleginnen und Kollegen!
„Vom Leben in der Vielfalt – Überforderung oder Erfüllung?“
Mit diesem Kongressthema möchten wir Sie herzlich zum 39. Kongress des Wildunger Arbeitskreises für Psychotherapie e.V. (WAP) einladen.
Leben in der Vielfalt meint z.B, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Religionen und Kulturen und mit verschiedenem Geschlechtsverständnis in einer Gesellschaft miteinander oder auch nebeneinander leben. Damit dies friedlich gelingen kann, erfordert es vom Einzelnen Toleranz und Offenheit und auch Neugierde auf das Andere, auf das Fremde. So kann Vielfalt eine Chance für eine Gesellschaft sein, sich weiter zu entwickeln und sich neue Bereiche zu erschließen. Voraussetzung für Toleranz und Neugierde auf das Fremde scheint beim einzelnen Menschen zu sein, dass er seiner selbst sicher ist, im Sinne von Selbstsicherheit und, dass er sich nicht bedroht fühlt durch das Andere, das ihm zunächst noch fremd ist. Hier spielt auch die soziale Sicherheit des Einzelnen eine große Rolle, die nicht bedroht sein darf, um in der Lage zu sein, z. B. Toleranz und Offenheit für bedürftige Menschen mit Migrationshintergrund zu leben.
Menschen, die eher selbstunsicher sind, die ihr persönliches Wertesystem z.B. durch religiöse Vielfalt infrage gestellt sehen und ihre Orientierung verlieren, können gesellschaftliche Vielfalt als Bedrohung und auch Überforderung erleben.
Als PsychotherapeutInnen und PädagogInnen erleben wir häufig Menschen, die sich durch die Vielfalt und Multioptionalität überfordert fühlen und z.B. mit erheblichen Selbstzweifeln, psychosomatischen Erkrankungen oder Depressionen reagieren. Unsere Arbeit besteht dann häufig darin, die Menschen in ihrem Selbstwert zu stärken, gemeinsam das persönliche Wertesystem der Patienten zu betrachten und auf zeitgemäße Sinnhaftigkeit zu prüfen und die Angst vor Neuem und vor Veränderung zu bearbeiten.
Populistische Parteien und Bewegungen haben in vielen Ländern Konjunktur und sie bieten meist einfache Scheinlösungen für komplexe Zusammenhänge an. Die Zukunft eines friedlichen Zusammenlebens hängt entscheidend davon ab, dass wir gute Lösungen für den Umgang mit dieser Vielfalt finden. Denn sie ist in den meisten Ländern heute einfach Realität.
Wir hoffen, mit diesem Kongress einen kleinen Beitrag zum besseren Verständnis von gesellschaftlicher Vielfalt und den Chancen, die darin liegen, liefern können.
Der Kongress bietet einen vielfältigen Raum wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesem und angrenzenden Themen zu diskutieren und mit Erfahrungen aus der Praxis zu verknüpfen.
Wir freuen uns auf einen anregenden und lebendigen Kongress.
Dr. med. Gabriele Fröhlich-Gildhoff – 1. Vorsitzende WAP e.V